Ich habe "NEIN!" gesagt  von Marco Hecht, Gerald Praschl Über Zivilcourage in der DDR 208 Seiten, Softcover, 2002 Zeit- und Militärgeschichte Band 4, 9.90 € Bestell-Nr. 08004
Vorwort von: Wolfgang Thierse mit Beiträgen von: Helmut Müller-Enbergs 
Aktuelle Rezension Frauke Kaberka schrieb in DPA am 09.09. 2002 Sie war 40 Jahre lang allgegenwärtig Berlin (dpa) - Sie war 40 Jahre lang
allgegenwärtig und für viele Menschen in der DDR ein Albtraum: Die
Stasi. Wie weit aber der Geheimdienst Ostdeutschlands in die Privatsphäre
der Menschen eindrang, wie sehr Freunde, Kollegen, Nachbarn, ja sogar Verwandte
in die Spitzelei verstrickt waren, wurde vielen erst nach der Wende und der
Offenlegung der Stasi-Praktiken bewusst. Die fatale Folge: Viele, sehr viele
Menschen aus der DDR wurden von ihren westdeutschen Mitbürgern argwöhnisch
beäugt. "Ihr wart doch alle irgendwie mit der Stasi verstrickt",
war ein nicht gerade seltenes Vorurteil.
Mit ihrem Buch "Zivilcourage
in der DDR" wollen die Autoren Marco Hecht und Gerald Praschl nun anhand
von Analysen, Stasiprotokollen und Augenzeugenberichten aufklären: über
stilles Heldentum, über Zivilcourage, über Menschen, die sich nicht
verbiegen ließen. Die Notwendigkeit eines solchen Buches unterstreicht
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse in seinem Geleitwort: "Im Zuge
der skandalbetonten Berichterstattung geriet mehr und mehr in Vergessenheit,
dass es in dieser DDR zumeist ganz andere Leben gegeben hat - 'richtige Leben'
im falschen System."
Angst, Erpressung, die
Hoffnung auf eine bessere Finanzlage oder gewisse Vorteile, aber auch Überzeugung
von einer guten Idee - das alles waren Gründe für Hunderttausende
in der DDR, sich der Staatssicherheit als Inoffizielle Mitarbeiter (IM) zu
verpflichten. Zivilcourage, oft sogar sehr viel Mut und
Gewissen setzten andere dagegen, verweigerten sich und nahmen Nachteile, privat
und beruflich, in Kauf. Manch einer gefährdete seine Existenz, mancher
sogar sein Leben. Es waren nicht wenige, die "Nein" sagten, und
acht von ihnen kommen in diesem Buch zu Wort.
Da ist die Postbotin
Dolores Schwarz auf Markgrafenheide in Mecklenburg-Vorpommern. "Ihr ganzer
Geheim-Krimskrams interessiert mich nicht. Nein, ich unterschreibe nicht!",
wies sie mutig einen Stasi-Offizier ab, der sie als IM verpflichten wollte.
"Ich sollte die Post meiner Nachbarn ausschnüffeln." Unter
Repressalien musste Schwarz anschließend nicht leiden. Weniger Glück
hatte der Leipziger Kellner Dieter Veit. Er landete nach Ablehnung eines Anwerbungsversuchs
im Gefängnis.
Ihm sei völlig
klar gewesen: "Wenn ich jetzt Nein sage, kann es mit mir beruflich und
privat nur noch bergab gehen. Doch ich sagte Nein, erst einmal etwas zögerlich
und dann ein weiteres Mal deutlich und bestimmt. (...) Am 15. August 1973,
morgens 6 Uhr, kamen sie und haben mich verhaftet." Eine Falle, ein Erpressungsversuch,
eine fingierte Anklage, ein falscher Schuldspruch - das alles ist in den Stasi-Akten
von Dieter Veit nachzulesen - säuberlich protokolliert.
Interessant sind neben
diesen Tatsachenberichten mit Protokollablichtungen auch Analysen am Ende
des Buches. Der Berliner Politologe Helmut Müller-Enbergs, wissenschaftlicher
Referent in der Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen, untersucht
unter anderem die Motivation von Ja- und Nein-Sagern, die Arbeitsweise der
Stasi mit ihren IM und das Netz der Informanten. "174 000 Inoffizielle
verzeichnet die Statistik der Geheimpolizei im letzten bilanzierten Geschäftsjahr",
schreibt Müller-Enbergs. In einer Hochrechnung, in der Zu- und Abgänge,
territoriale und demoskopische Besonderheiten berücksichtigt wurden,
kommt der Wissenschaftler zu dem Schluss: Rund 600 000 Personen seien zu irgendeinem
Zeitpunkt einmal für das Ministerium für Staatssicherheit inoffiziell
aktiv gewesen.
Kurzbiografien von Menschen,
die von der Stasi observiert wurden, vervollständigen das Buch, von dem
Wolfgang Thierse sagt, es sei ein Plädoyer für die Zivilcourage.
"Die Entscheidungssituationen sind heute anderer Art, aber an Aktualität
hat dieses Plädoyer auch im zweiten Jahrzehnt der deutschen Einheit nicht
verloren. Das Buch verdient viele Leser", schreibt der Bundestagspräsident. zum Anfang
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